wormhole special - Taking My Thoughts for a Walk - editorial
Die Straße ist eine unerschöpfliche Metapher; eine territoriale Markierung, eine geographische Kerbe, die sich durch die Geschichte geschlagen hat, eine Teilung, eine lineare Organisationsform, ein Weg und eine räumliche Verbindung. Sie führt unsere Schritte, Autos, Mülleimer, Kaugummis, Fahrradständer, Kotze, Laternen, Hundehaufen, Rollatoren, Heels, E-Scooter, Schilder, gibt uns Handlungsanweisungen, hat dunkle Ecken, trägt schöne und schreckliche Namen, die uns nicht mehr gefallen. Sie ist das Draußen, das was einfach da ist? Vor allem ist die Straße öffentlicher Raum in seiner grundlegendsten Form – eine Bühne für die Menschen, für Werbung und Politik. Sie ist ein Treffpunkt, an dem Elemente des sozialen und öffentlichen Lebens aufeinan- derprallen, und damit auch ein Schlachtfeld. Von allen Seiten wandelt die Veränderung stetig ihre Oberfläche; die Politik formt und beeinflusst das Stadtbild, durch Gesetz- gebung und Ökonomie, wobei stets bestimmte Menschen oder Akteure privilegiert und andere verdrängt werden. Ideen, Verfall und Erneuerung schreiben sich ein. Die Straße ist das Gesicht der Stadt, eine Fassade, die ihre eigentliche, emotionale Verfassung nur schwerlich verbergen kann,eine politische Oberfläche, mit der wir uns identifizieren,mit der wir uns verbunden fühlen, die wir ablehnen oder von der wir abgelehnt werden. Sie wird mal mehr und mal weniger durchdacht gestaltet und bebaut, aber wie sie von Menschen und Tieren bewohnt, besetzt und in Gebrauch genommen wird, kann nicht immer kontrolliert werden. Und manchmal erönen sich Zwischenräume, zuvor immer übersehene Details, geheime Klappen der ungewohn- ten Möglichkeiten, wie die Ausstellung Taking my thoughts for a walk. Eine Kooperation von Dortmunder Kunstverein und Urbane Künste Ruhr zwischen Westen- und Ostentor, zu der wir als Wormhole Zeitung in die Kampstraße Dortmund eingeladen worden sind. Die Ausstellung beschäftigt sich damit, wie sich der öentliche Raum sowohl vor, aber auch insbesondere nach der Covid-Pandemie verändert und an welchen Stellen die Kunst hier Impulse einbringen kann. Für unser Special haben wir uns daher gefragt, wer treibt Veränderungen voran? Wen betreen sie und wohin könnten sie uns führen? Und nicht zuletzt: Wer führt uns in die Zukunft, die wir am liebsten bewohnen würden? Das Special enthält drei Spaziergänge durch die Vergan- genheit, Gegenwart und Zukunft der Kampstraße, zwei Artikel über die Ästhetiken der Politik; wie sieht Macht eigentlich aus und wie kann sie inszeniert und gespielt werden? Auf der Rückseite bringen wir jeweils ein Plakat der drei Kandidat*innen, die hier für ein fiktives Amt kandidieren.
Redaktion: Mira Mann, Anna R. Winder ¶ Grafik Design: Thomas Spallek ¶ Fotografien: Arisa Purkpong ¶ Illustration: Carl Brandi ¶ Texte: Lisa Tracy Michalik, Carl Brandi, Jonas Schug, Steven Sander, Úlfur Logason, Mikołaj Sobczak, Alison Yip ¶ Übersetzung: Mira Mann, Tillmann Betz, Anna R. Winder ¶ Thank you: Dortmunder Kunstverein und Urbane Künste Ruhr
contributors
Arisa Purkpong
Alison Yip
Anna R. Winder
Carl Brandi
Jonas Schug
Mikołaj Sobczak
Mira Mann
Steven Sander
Lisa Tracy Michalik
Úlfur Logason